Naturmagazin 01/2024: Amphibien
LIEBE LESER*INNEN,
haben Sie auch noch das Hupen der Traktoren in den Ohren? Und die Bilder der wütenden Bauern vor Augen, die der Ampelkoalition vorwerfen, am Sterben der Höfe schuld zu sein? Auf einmal waren viele Menschen mit den Bauern solidarisch und unterstützten deren Proteste. Plötzlich wurde zum Thema, dass viele Bauern von den erzielten Preisen nicht existieren können.
Der Ampel-Koalition kann bestimmt eine Menge vorgeworfen werden, aber dass sie für das Höfesterben verantwortlich ist, wohl kaum. Seit mehr als vier Jahrzehnten machen Naturschützer*innen darauf aufmerksam, dass die Intensivierung der Produktion und die Wachse- oder Weiche-Politik nicht nur tausenden landwirtschaftlichen Betrieben den Garaus macht, sondern auch für das Artensterben, die Vergiftung und Verdichtung der Böden sowie die Verschmutzung von Gewässern verantwortlich ist.
Genauso lange geben jedes Jahr tausende Bauern auf, während die Betriebsgröße der verbleibenden Höfe stetig wächst. Dafür gibt es, kurzgefasst, mehrere Gründe: So produzieren die Bauern nicht mehr für den Bedarf daheim – der ist längst mehr als reichlich gedeckt – sondern für den Weltmarkt, der die Preise diktiert. Genauer gesagt sind es jene Konzerne, die Milch, Fleisch und Getreide weiterverarbeiten. Mit den auf einen Minimalpreis reduzierten Nahrungsmitteln ruinieren wir nicht nur die regionalen Märkte in den armen Ländern des Südens, sondern auch unsere Landwirtschaft, die wir dann wieder mit Milliarden an Steuergeldern subventionieren. Die Landwirte hätten besser vor den Großkonzernen und bei den Handelsketten Aldi, Lidl, REWE und Co. demonstriert. Die verdienen sehr gut an ihnen.
Und was ist mit uns Verbraucher*innen? Im Juli 2023 hatte Penny einen Versuch gestartet und neun Produkte zu „wahren Preisen“ angeboten – unter Hinweis auf Umweltfolgekosten etc. Der Absatz sank daraufhin. Knapp 50 Prozent der Kund*innen gaben anschließend an, Umweltaspekte seien ihnen nicht wichtig. Wann werden wir Verbraucher*innen endlich umdenken?
Heidrun Grüttner
Naturschutzzentrum Ökowerk Berlin e.V.